Aufzeichnung vom 26.3.1967
Absolute Malerei ist in meinen Augen die Manifestation eines gedachten Absoluten aus subjektiv gesetzten Mitteln, subjektiv erfundenen Mitteln, die aus den geistigen Möglichkeiten des Künstlers, nicht aber aus denen der Malerei entstanden sind. Ich setze dagegen die elementare Malerei. Für die elementare Malerei ist Bildfläche der Ort, an dem ein formales Geschehen stattfindet, das nicht subjektiv sondern artistisch gesteuert ist. Artistisch heißt, daß einmal Formverpflichtungen angenommen werden, Veranstaltungen, die miteinander Funktionen ausüben, zum zweiten, daß nicht das Absolute dabei das Ziel ist, sondern das Reale, nicht aber das Dingliche.
Angenommen wird, daß das Bild erst zur Anschauung des Seins verhilft, das Sein als solches für den Menschen Chimäre ist. Das Bild aber deutet nicht die Chimäre, also das Nichtverstandene, sondern bringt einen Zustand zur Anschauung, der Anschauen ermöglicht. Anschauen also eines artistischen Ereignisses auf Seiten des Künstlers wie auf Seiten des Betrachters. Dieses Anschauen ist deshalb Anschauen des Realen, weil es die Materie-Existenz durch die Perforation des Bildes hindurch adaptierbar macht. Das Bild bleibt Scheinbild, ist niemals Dingbild, also Kunst und nicht Antikunst. Die Formensprache ist auch niemals mythische, magische Ursprache, sondern elementare artistische Formensprache. Man sieht also, daß eine neue Konstellation aufgetreten ist, daß die Begriffe ›das Reale‹ und ›das Absolute‹ in der alten Lesart Kandinskys nicht mehr vorhanden sind. Das Absolute ist nicht sichtbar zu machen, weil es nicht existiert, das Reale ist nicht sichtbar zu machen, weil es gleichfalls nicht existiert. Der Mensch muß sich existent machen, daher erfindet er sich Bilder, durch die er sich für das Anschauenkönnen des Realen ordnet.
Der unabhängige Künstler wird tun, was ihm der Einfall bringt und wird sich nicht selbst zwingen, gelegentlich als Abweichler seiner selbst sich bestrafen zu wollen. Die Linie bleibt durch Freiheit eingehalten.