28.4.1963

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Aus einem Brief an Adolf Arndt

[…] Ich bin jener Adorno-Diskussion zu Schönbergs Moses u. Aaron ferngeblieben. »Gott ist ein Gedanke« – läßt Schönberg Moses sagen, das ist eine ganz neugesetzte Möglichkeit, in der sich alle, die – wie man so tot sagt – guten Willens sind, unter Aufgabe von Einzelheiten eines Tages – eines sehr fernen Tages – finden werden. Dann, wenn, was heute die Naturwissenschaften, die Chemie und Physik, entdecken, beginnt Weltbild zu werden wie Giordano damals aus der naturwissenschaftlichen Entdeckung des Kopernikus ein Weltbild zu formen begann. Dieses Kopernikanische Weltbild trifft heute nicht mehr zu, ein neues ist nicht da.

Solange es Menschen gibt, die von anderen Fähigkeiten, von kollektiven Fähigkeiten statt von persönlichen ausgehen, ist jeder Versuch einer neuen Ordnung Stückwerk.

Ich hätte das in der Diskussion sagen können, es gehörte dazu kein Mut, aber ich merkte, daß dafür nicht die geringste Spur von Resonanz zu finden war. Und zerreden kann man alles. Außerdem ist mir Schönbergs Musik eine der bedeutendsten der Welt. Schönberg und Webern, das sind für mich Kandinsky und Mondrian […]

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von E.W.Nay