18.10.1959

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Aus einem Brief an Werner Haftmann

[…] abends und nachts [grüble ich] – wie ich es immer getan habe. Ich bin vollkommen sicher, daß meine Kunst 30 Jahre voraus ist mit ihrer neuen Raumtendenz, die dem, was heute Natur genannt wird, entspricht, und mit ihrer psychistischen Direktheit der Aussage, so daß viele diesen eigentlichen Sinn in meiner Kunst noch nicht erkennen, worüber ich nicht einmal ganz unglücklich bin, ist das doch ein so schwer zu fassender Grund, daß es besser ist, er tritt erst nach und nach hervor. Denn diese meine Kunst teilt ja nicht mit, sondern ›macht sichtbar‹ oder offenbart. Und zwar nicht die Abkehr vom Rationalen, Logik und Perspektive, die ist ja vollzogen, sondern die zukünftige Formulierung vom Verhältnis Mensch und Welt, Mensch und Universum, Mensch und Natur. Und dies allerdings vermag erst die Farbe mit ihren potentiellen Möglichkeiten. […]

Über den Autor

von E.W.Nay