1961

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Antwort auf eine Umfrage der Zeitschrift ›Christ und Welt‹:
»Welche Reise hat den nachhaltigsten Eindruck auf Ihr Werk gemacht?«

In der Entwicklung meiner Kunst gibt es eine Reise, die für meine Malerei eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Wendung brachte. Es war 1937. Ich war als entarteter Künstler deklariert worden, meine Bilder aus den Museen und der Öffentlichkeit verbannt, meine Existenz auf ein Minimum zurückgesunken. Als die Nerven zu versagen drohten, schrieb einer meiner Freunde an den norwegischen Maler Edvard Munch, den er kannte, und bat ihn, mich aus einer aussichtslosen Situation wenigstens für kurze Zeit zu befreien, d.h. mich für einige Zeit einzuladen. Der tat’s und so kam ich im Sommer 1937 mit einem Scheck aus Oslo versehen auf die Lofot-Inseln in Nordnorwegen. In den hellen Nächten entstanden aus den Fermaten der bergigen Meeresinseln die ersten dynamisch-rhythmischen Gestaltungen, die später – vom Gegenstand unabhängig – zum geistigen Hauptthema meiner Kunst werden sollten.

(PS: Bitte beachten: Fermaten mit ›e‹)

Über den Autor

von E.W.Nay