Aufzeichnung vom 3.1.1957
Das Erbe des Expressionismus und des Surrealismus ist, daß das Problem der Fläche, einstmals Axiom Nr. 1, ans Ende aller Erwägungen gerutscht ist, wenn auch die bedeutendsten Künstler unserer Zeit deswegen die bedeutendsten sind, weil sie die Fläche nie ganz vergessen haben, sie immer in den anderen Prozeß, den der ›Formgestaltung an sich‹ mit einbezogen haben. Heute gilt es jene ›Formgestaltung an sich‹ abzulehnen und die Formgestaltung der Fläche zu betreiben. Wie immer muß reduziert werden. Fläche und Dynamik scheinen sich vorerst gegenüber zu stehen. Die Grundformel für Dynamik ist die Funktion, losgelöst von allem, materiell in sich. Ein Bündel von Funktionen ergibt den Motor, die Motorik, sowohl Funktionen wie Motorik können auf eine Fläche projiziert werden. Gewinne ich aber zur Fläche als gestaltendes Prinzip Zugang, so verwandelt sich die Motorik aus dem Projizierten zum injizierten Flächenwert. Betone ich aber nun, daß das Axiom I die Fläche selbst sei, so verwandelt sich im Schmelzprozeß von Dynamik und Fläche: 1) die Dynamik als Diagonale, sich mit Waagerechten und Senkrechten sich vereinend, zur potentiellen Energie der nach allen Seiten ausstrahlenden Scheibe, 2) die zwischen den Scheiben entstehenden negativen Entstehungsformen helfen zur Verwandlung der Fläche in eine aperspektivische Reliefform, bei der die Fläche erhalten bleibt, aber geordnet. Diese Definition ist eine Definition der Gestaltung der Fläche, keine Idee. Unter Idee würde ich eine metaphysische oder andere Tendenz verstehen, eine weltanschauliche irgendwelcher Art, die zu verwirklichen wäre. Was hierbei aufeinandertrifft, ist die Flächensetzung aus Archetypen, End- oder Anfangsformen primitiver Art und die Verwandlung der Fläche als die geistige Tat.
Was das mit Tachismus zu tun haben soll ist mir unverständlich. Es ist weder Konstruktivismus alter Art noch Peinture.
Wo dabei übrigens ›Peinture‹ auftritt, ist sie nicht Ästhetisiererei, sondern hilft, die Fläche einzuhalten.