5.7.1956

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Aufzeichnung vom 5.7.1956

Über die Bewegung

Ein Kunstwerk als Plastik oder als Fläche ist als Gegenstand ein statisches Gebilde. Die Absicht besteht, in dieses Gebilde Bewegung zu bringen, dieses Gebilde in sich bewegt zu zeigen. Die Gestik des Barock, die Kinetik von heute – beides sind Scheinbewegungen, denn die Plastik, das Bild bleibt effektiv still und statisch. Es sollte sich also eigentlich darum handeln, das Kunstwerk so zu behandeln in seinen einzelnen Formen, daß das Auge Bewegungsabläufe wahrnimmt, zugleich aber wahrnimmt ein echtes statisches Problem, eine echte Statik der Fläche oder der Plastik. Also darf keinerlei Illusion aufkommen, etwa als sei ein Gegenstand (Plastik) eben in der Bewegung abgefangen und angehalten. Oder als seinen Formen eines Bildes in Bewegung, während sie aber tatsächlich als Fläche stehen.

Das Problem des Zeitraums hat sich als ein materielles erwiesen, das lediglich durch ein Scheinproblem in Übereinkunft von Künstler und Betrachter seinen materiellen Wert aufzugeben imstande ist.

Es ist eine Tatsache, daß man die Gegenwart als unergiebig ansieht, die Kunst der jungen Generation, daß man nirgends neue Erfindungen sieht.

Über den Autor

von E.W.Nay