ArchivAugust 2023

8.4.1961

Aufzeichnung vom 8.4.1961

[...] Endlich erkenne ich den Wert »Reflexion« als unumstößlich an, nur die Farbe als Poesie kann sie umwerfen, die arithmetische Gestaltung soll und muß sie enthalten. Der zweite Punkt, mit dem ich hadere, ist die »eigene Akademie«. Man kann geneigt sein, sie umgehen zu wollen, indem man sich recht leger gibt – im malenden Bilde. Man muß der Variation vertrauen – die bessere Lösung – der starken Variation, die etwas ganz anderes ist als die leicht variierte Grundform. [...]

4.7.1961

Aus einem Brief an Werner Haftmann

[...] endlich also war Herr Brooks von Knoedler – New York da und hat mit 13 neuen Bildern – dazu 2 älteren, die er aber nicht hängen will – dann 12 Aquarellen und 6 Zeichnungen eine sehr scharfe Ausstellung zusammenkomponiert [...] ich bitte Sie um eine Seite Text [...] Ich möchte also einen Text haben, der für New York kurz, prägnant und plakathaft sein könnte. [...]

19.8.1961

Aufzeichnung vom 19.8.1961

Im Optischen eine perfekte Realität – das ist die Gestaltfarbe. Sie ist in ihrem Grunde dem Absoluten Ton, dem Ton ohne Relation, vergleichbar. Sie entfaltet sich daher nicht mit der Kausalität der Symphoniefarbe, also der Farbe in der Relation, in bestimmter Relation, sondern in einer Satztechnik, deren Sätze in Serie und Reihe gebaut sind. Da ein solcher Vorgang sich optisch vollzieht, ist er auf einer Fläche konkret nicht darstellbar – etwa daß die Scheiben nebeneinander einen solchen Satz auf der Fläche abgeben. Dennoch geben die Serien und Reihen den Farben ein optisches Gerüst. [...]

29.8.1961

Aufzeichnung vom 29.8.1961

Die Erfindung des Kubismus, der die Notwendigkeit der grundsätzlichen Trennung von Natur und Kunst feststellt; eine neue Humanität, das Gegenwärtigmachen des Humanen durch die Vernichtung der vertrauten des alten Museums Europa – das sind die Herkulestaten des Picasso.

August 1961

Beitrag in der Zeitschrift ›Magnum‹, Köln 8/1961 (Sonderheft), S. 89

Wenn es den Deutschen gut geht, werden sie biedermeierisch. Reift das Biedermeiertum aus, treibt es die wilde Blüte des Teutonismus. Damit beginnt die Selbstzerstörung – unaufhaltsam!

27.9.1961

Antwort vom 27.9.1961

Redaktion ›Die Zeit‹ an Nay, Hamburg, 28.8.1961

[...] vor ein paar Monaten haben wir in unserem Kulturteil mit einer neuen umfangreichen Serie begonnen. Sie heißt ›Mein Bild‹ [...] Wir wollen [...] von Ihnen nicht wissen, welches Bild Sie loben, sondern mit welchem Sie leben und welches Sie lieben. [...]

September 1961

Referatstext für eine Tagung der Akademie der Künste Berlin
am 1.und 2. Oktober 1961 in der Villa Hügel in Essen

In diesem Referat bietet es sich an, das Grundsätzliche der Beziehung von Bildender Kunst und Architektur zu skizzieren, Definitionen anzusetzen, verbunden mit dem Versuch, zu den Symptomen Stellung zu nehmen. Es ist verständlich, wenn man sich wieder einmal mit der Frage ›Kunst und Öffentlichkeit‹ auseinandersetzt, wie es im Wesentlichen diese Referate tun, zumal jetzt in einem Zeitpunkt, an dem viele sich darüber klar sind, daß sich einschneidende Strukturwandlungen feststellen lassen. [...]

4.10.1961

Aufzeichnung vom 4.10.1961

Die gegenwärtige Konstellation des Geistes, das heißt die gegenwärtige Vorstellung vom Menschen, definiert die Existenzphilosophie unserer Zeit als die Vorstellung vom Menschen als einen, der in der Welt der Kybernetik, der Welt des von der technischen Welt gesteuerten Menschen, nur als Reflexion des Menschen vorhanden ist. [...]

4.10.1961

Aufzeichnung vom 4.10.1961

Ich habe immer versucht – gerade, weil ich genauer als die meisten um die Situation des Menschen weiß, ganze Bilder zu malen und nicht Fragmente. Ich weiß, daß ich damit mit den großen Namen etwas gemein habe.

16.10.1961

Aufzeichnung vom 16.10.1961

1) [Das] Zeitraumkontinuum ist entweder nur Kinetik oder nur Gestik – die vierte Dimension ist nicht darstellbar. Der kosmische Raum ist denkbar als gekrümmter Raum – etwa als wenn man sich eine Ellipse als Raum vorstellen könnte; die Zeit – in diesen Raum gebunden – wäre, wenn sich dieser ellipsenähnliche Raum in der Spirale bewegen würde. Beides ist weder einzeln noch zusammen vorstellbar als Realität. – [...]