Aufzeichnung vom 27.12.1949
Man kann von der induktiven Methode ausgehen oder der deduktiven. In beiden Fällen ist der Maßstab nicht die Natur oder die Empfindung sondern das Bild. »Der Ursprung der Kunst ist die Kunst« (Heidegger).
Das Bild als Kunstwerk bedeutet für den Maler Ordnung der Bildfläche in ihren zwei Dimensionen und bildhafte Gestaltung der dritten Dimension, nicht aber Anordnung. Dies ist der Unterschied der Dekoration zur Malerei.
Die induktive Methode geht vom Naturgegenstand aus und findet das Bild, das in seiner Gesetzlichkeit maßgebend ist. Das Bild als Analyse.
Die deduktive Methode geht vom Bildgesetz aus und kehrt zur geistigen Gestaltung ein. Das Bild als Synthese. Sie benutzt als Grundformen die Urformen der Gestaltung: Rhythmus, Dynamik, Farbordnungen in Farbgleichungen aus Gegensätzen, wobei die Farbe als absolutum substanzielle Bedeutung annimmt. Die Farbe ist nicht als Träger eines Gegenstandes sondern absolut wirksam. Das Geistige, das ich erst in der Verbindung mit der Substanz als umfassend im Kunstwerk ansehe, stellt diese Verbindung dadurch her, daß die Grundformen der bildnerischen Gestaltung, Rhythmus, Dynamik, sich mit aus der mythischen Natur abgeleiteten, imaginativen Formen anreichern. Die Anwendung dieser imaginativen Formen stellt die Kontinuität im Bilde her und damit seine bildräumliche Existenz. Die absolute, räumlich-dynamische Bildgestalt vermag Hinweise der Zusammenfassung im Hinblick auf eine bildhaft wiedergewonnene Natur aufnehmen.
Die Verbindung von bildnerischen Urformen mit imaginativen Ableitungsformen gibt dem Bilde nicht nur seine substanzielle bildräumliche Ablesbarkeit, sondern verhindert auch, daß das Bild Dekoration oder Gegenstand wird. Die Erfindung ›neuer Gegenstände‹, die auf der Bildfläche angeordnet werden, ist keine Kunst. Ebensowenig wie die unbewußte Bestreichung der Fläche mit psychogrammatischen Formen.
Die Ordnung des Bildes entsteht bewußt, die Grundformen entstehen aus dem Unbewußten und bereichern sich am Bewußtem. Halluzinatives und bewußte Gestaltung verbinden sich zur Bildgestalt.
Das Bild als synoptische Synthese.