März 1966

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Ansprache zur Eröffnung der Ausstellung
›E. W. Nay – Bilder und Grau-Aquarelle 1965/66‹
Galerie Der Spiegel, Köln, 18. März – Ende April 1966

[…] Daß hier kein Sprecher auftritt, hat seinen Grund darin, daß Werner Hofmann, der Direktor des Museums des 20. Jahrhunderts in Wien, einen, wie alle voraus wußten, sehr guten Begleittext geschrieben hat. Die Krise der Kunstexperten ist hiermit – so bekannt sie ist – legitimiert. So vermochten Grohmann oder Haftmann hier nicht [zu] sprechen. Kein Künstler ist je so ängstlich und mimosenhaft wie jene Leute, die die Kunst eben nicht erfinden, aber zu gern erfinden würden und Direktiven an die Künstler ausgeben, die leider niemals eintreten. –

Allgemein ist bekannt, daß heutzutage Kunst gegen Antikunst die künstlerische Situation kennzeichnet. Marcel Duchamp hält es für wahrscheinlich, daß nach der jetzt in vogue gekommenen Antikunst die Kunst wieder erscheint. Marcel Duchamp, der Erfinder der Antikunst! Wahrscheinlich ist das, was Sie hier an Bildern sehen, mit der Chance belastet – schon weil es aus einem jetzt ganz unbekannten Blickwinkel kommt, die Antikunst abzulösen. Ich selbst, der Künstler, ist dessen sicher – natürlich, da es für ihn, den Künstler, nur noch eine Hemmung gibt, den hierzulande wie im Ausland, im Ausland wie hierzulande, für Schuhgeschäfte, Stahl, Elektrodinge – fürs Geschäft erwünschten, für den Geist und die Kunst unerwünschten – in Westdeutschland wie außer [auch in] USA – unerwünschten deutschen Paß! –

Das westdeutsche Publikum wird gebeten, diese Frage zu erwägen.

Über den Autor

von E.W.Nay