3.3.1963

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Aufzeichnung vom 3.3.1963

Man könnte etwa sagen, daß meine Kunst eine neue Objektivation angenommen hat und aussagt. Indem ich nicht leugnen kann, daß die moderne Naturwissenschaft das objektive oder irgendwie annähernd objektive Teilbild des Universums (in Ausklammerung des Menschen) bedeutend und grundlegend verändert hat, ergibt sich hier die Folge, mich, den Menschen, mit jener objektiven Feststellung zu verbinden und so den Begriff Universum neu zu stellen. Universum ist ja erst Universum unter Einschluß des Menschen. Objektivation (neue Objektivation) ist dann also das Sichtbarmachen der energetischen Natur in der kreativen Gestaltung, die ein Künstler im unbewußten Einklang mit sich und der energetischen Natur erfindet. Das geschieht, soweit das formale Ereignis leitbar ist, durch symbolhaftes Setzen energetischer und funktioneller Gestaltungsmittel in Kombination zur Fläche. Für ein solches kreatives Verhalten ist die Farbe das hauptsächlich geeignete Medium, denn die Farbe läßt sich in gar keiner Weise von vorn herein in einer vorher festlegbaren Bestimmung verwenden, sondern sie kann ihre Bestimmung erst durch Relationen, Relationen von Farbe zu Farbe, erhalten, während die Zeichnung sich mindestens im Zeichnen sofort festlegt, ohne auf Relationen rechnen zu müssen.

Meine Kunst macht eine neue Bewußtseinsstufe des Menschen sichtbar, in der der heutige und kommende Mensch eine bisher unbekannte, neuartige Übereinkunft seiner selbst mit der Natur erlebt. Er erlebt sich und Natur als Universum – er verläßt die Subjektivation zugunsten seiner universalen Einheit.

Über den Autor

von E.W.Nay