Aufzeichnung vom 26.12.1961
Zu Ende ist es mit den letzten Ausläufern des Surrealismus: dem Tachismus der gefühlvollen wie der abstrakt expressiven Art, zu Ende mit dem Darstellen von Phänomenen oder deren Materialisation. Angesichts der heutigen Naturwissenschaften ist ein Vexierspiel mit der simplen, optisch wahrnehmbaren Natur allzu primitiv – also hinfällig im Ansatz. Die Gefühle malt man eh und je nicht an die Wand, jetzt schon gar nicht, und jede Kunst ist Ausdruck zugleich.
Angesichts des Todes aller Metaphysik des Gestaltens und Anschauens der Welt nach dem Bilde des Menschen (Heidegger), nach dem Tode der Philosophie, die nunmehr Denken allein ist (Heidegger), des Aufhörens der Religionen zugunsten einer geistigen Vitalität, des Aufhörens des Materialismus zugunsten eines ganzheitlich Geistigen, also im Ganzen: angesichts des Todes jeder Art von Mythos, angesichts dieser Situation steht die unabhängige Malerei als geistiger, chromatischer Vorgang im Gegenüber zu den Formeln der Naturwissenschaften – in ihnen Natur vermutend. Das ist Kunst und Natur in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Die Malerei als arithmetische Setzung zum Reflex der Naturwissenschaften – sprich Natur; die leonardeske Situation im 20. Jahrhundert.