Aus einem Brief an Werner Haftmann
[…] Einige Ergänzungen zu unserem Gespräch:1) In meiner Kunst wird niemals das Material zum Sprechen gebracht, sondern dort, wo die Fläche als vornan nicht stehen will, wird, damit sie nicht in die Tiefe versinkt, Struktur erzeugt, die sie vorn hält. (Macht Braque oft.) Also Struktur als formales Hilfsmittel, nicht als psychischer Affekt aus dem Material.
2) Ich habe es bestens vermieden, aus meiner Malerei eine eigene Akademie zu machen, wie die meisten Maler der Gegenwart meiner Generation. Ich variiere nicht ein einmal gefundenes Bild – das ist Akademie, sondern entwickle meine Kunst mit Hilfe der Scheiben in einer eindeutigen Gerichtetheit auf die chromatische Fläche und eigentlich auf eine Fläche ohne Strukturen und ohne Figuration. Um der Fläche wegen und um Figuration zu vermeiden, wird die Scheibe zuweilen in die Fläche stark aufgelöst und im Malen Gefundenes – das ist meine Definition des Automatischen – geltend gemacht – um der vorn zu haltenden Fläche sowie des Wechsels der Strukturen wegen. Die Scheibe bleibt aber ganz und gar das wesentliche Flächenmittel weiterhin. – Die Fläche einer Malerei ist logisch nicht zu begreifen, da sie flach wie zugleich ›wellblechartig‹ ist, aber das Scheinbare, das ›Wellblechartige‹ überwunden haben muß! Malerei, Kunst, ist letzten Endes eben doch nicht Schein – wie man es einige Jahrhunderte lang lehrte – sondern Wahrheit, Realität im Künstlichen, Erkenntnis, Manifestation einer jeweils neuen Bewußtheit, die jenseits der Ratio und Logik steht.
3) Die Scheibe ist Ganzheit, Stilmittel dadurch, das ist ihr Geheimnis, das nicht ausgesagt werden darf. So aber können Heil und Unheil miteinander toben. Hier lüfte ich mit diesen Worten etwas den Vorhang vor dem, was über meine Malerei hinausgeht.