KategorieAllgemein

11.8.1966

Aufzeichnung vom 11.8.1966

[...] Ich bin der Maler der analytischen Farbe, der geistig entwickelten Farbe, die das Intellektuelle wie das Physikalische wie das Gefühlshafte vermeidet. Ich weiß, daß es das außer [bei] mir heute nicht gibt. Ich verlange also von mir, daß ich allein aus der geistigen Setzung der Farbe – als Farbsetzer (gleich [dem] Tonsetzer in der Musik) – lebendige Ergebnisse erziele. [...]

23.10.1966

Aufzeichnung vom 23.10.1966, Beverly Hills/Calif.

Die Frage nach dem Inhalt meiner Bilder habe ich immer lieber den Interpreten zur Beantwortung überlassen.

Die Meditation war also festgestellt, die artistische, formale Gestaltung der Fläche aus Farbe und Form ebenfalls. Die Farbe kam andeutend zur Kenntnis, sie enthält Vitalität. Ein Gegenständlich-Inhaltliches ist nicht zu erkennen, und doch steigt Mensch, Pflanze, Landschaft aus den Bildern herauf, um aber, ehe man sie realisieren kann, in die Form sich wieder einzubinden. [...]

24.10.1966

Aufzeichnung vom 24.10.1966

Der Grund wurde nur noch vom begabten Individuum gefunden und von Künstlern (Mondrian, Klee, Kandinsky) geformt. Die Masse lebte und lebt in engem Horizont der Bedürfnisse. Auch dem begabten Individuum ist der ›Grund‹ nunmehr verschlossen – nachdem nach Einstein zwei italienische Gelehrte in New York den Nachweis erbrach-ten, daß voraussichtlich die Einstein’sche These der Harmonie des Grundes, die These von Materie und Antimaterie, nicht mehr gültig sei. [...]

25.10.1966

Artikel in der Süddeutschen Zeitung
anläßlich Picassos 85. Geburtstag

Pablo Picasso - Die Ständige Wandlung

Alles, was Picasso macht, ist Picasso. Wieviel das bedeutet, kann sich die Umwelt nicht vorstellen. Das bedeutet mehr als begabt sein, Genie sein, Zeitgenosse sein, Mensch sein, oder was man so heranholen mag, es bedeutet eine geradezu fast aus-schließliche Einmaligkeit. Gut, ein Künstler, so ist es allgemein bekannt, hat einen Stil, an dem er erkennbar ist, und es gilt die Meinung, daß einen Stil zu entwickeln des Künstlers Aufgabe und der Stil sein Ziel sei.

Dieser Picasso pfiff und pfeift drauf. [...]

4.12.1966

Aufzeichnung vom 4.12.1966

Alle Physiker und alle Maler – soweit sie denken können – wollen in irgendeinen Kon-takt mit dem, was man in der Goethezeit ›Universum‹ nannte, kommen.

15.12.1966

Aus einem Brief an Oto Bihalji-Merin

[...] Wegen meiner Definition von der Beziehung der Realität zur Wirklichkeit – eine für mich wichtigste Frage, lege ich Ihnen meinen Picasso-Artikel bei, den ich auf Wunsch der ›Süddeutschen Zeitung‹ zu Picassos Geburtstag geschrieben habe. Sie werden in diesem Artikel auch einige deutliche Abweichungen von Picassos Ideen finden, direkte Ablehnungen, z. B. über Humanität und eben über Realität als Wirklichkeit, da deren Übereinstimmung nicht mehr besteht. [...]

um 1966

Aufzeichnung um 1966

Diese elementare Malerei arbeitet nun nicht mit den konventionellen Mitteln, die von der Physik, den Farbenlehren gewonnen sind, komplementären Farben, Farbbeziehungen, optischen Ereignissen, die durch Farbe erzeugt werden können, sondern mit eindeutig artistisch gesetzter Farbe, frei erfunden, gesetzt in Rhythmen, Punkten, Bändern, in frei gewählten, wiederholbaren Reihen, rot blau gelb, rot blau gelb, in formalen Begrenzungen, die sich die Farbe selbst setzt. [...]

um 1966

Entwurf einer Rede

Wenn man sagen will, es gibt keine Kunst mehr, so möchte ich fragen, welche Kunst es nicht mehr gibt.

Man sagt, weil die Kunst sich in einzelnste Individuen zersplitterte! Worauf beruhte alle moderne Kunst, die nun vorbei sein soll? Alle Kunst, meine Damen und Herren, alle Kunst der Moderne – bis auf Klee und Kandinsky – kommt von Cézanne. Auch Mondrian. Diese Wirkung Cézannes ist – ohne daß damit im geringsten die Kunst, das Genie Cézannes, in Frage gestellt ist – erloschen. [...]

um 1966/67

Aufzeichnung um 1966/67

Im Gegensatz zu den Pop, Op, Systemic Art Leuten, die sich alle vom Surrealismus und der absoluten Malerei ableiten, habe ich mich im ersten Teil meines Lebens zur elementaren Malerei hinentwickelt, um im zweiten Teil meines Lebens die reine Form der elementaren Malerei herauszudestillieren. Daher bin ich ein Einzelgänger, der nur von wenigen ganz verstanden werden kann. [...]

um 1966/67

Aufzeichnung um 1966/67

Man könnte auf die Bäume klettern. Da sitzt man in einem Ausflugslokal. Kaffee, Kuchen, Bürger. Ein junges Paar, still – er kräftig, sie zart – Intellektuelle dazwischen wie fremde Vögel aus fernen Ländern. Aus Ländern, wohin die deutsche Intelligenz geflohen zu sein scheint. In Konzerten, Ausstellungen, ab und an solche Menschen – gänzlich verloren zwischen den anderen, die schon zu oft beschrieben wurden. [...]