Aufzeichnung um 1966/67
Die unverhüllte Dialektik der Gestaltungsmittel schlägt sich im Insgesamt der Bildgestalt als Transparenz nieder.
Aufzeichnung um 1966/67
Die unverhüllte Dialektik der Gestaltungsmittel schlägt sich im Insgesamt der Bildgestalt als Transparenz nieder.
Aus einem Brief an Jane Sabersky
[...] nicht falsch scheint mir zu sein, wenn ich mich einmal über meine Art zu arbeiten, meine Arbeitsweise äußere.
Einmal treibt mich – und das ist aus meiner Natur gegeben – ein manischer Trieb zum Malen. Ich habe das Malen notwendig, um ein gewisses Gleichgewicht meiner Natur zu erhalten und immer wieder herzustellen. Das Exzentrische und das Stille liegen in mir weit auseinander. Zum anderen liegen das Leben und die Kunst weit auseinander. Hier Übereinstimmungen zu erhalten, treibt es mich zum Malen. [...]
Aufzeichnung vom 26.3.1967
Absolute Malerei ist in meinen Augen die Manifestation eines gedachten Absoluten aus subjektiv gesetzten Mitteln, subjektiv erfundenen Mitteln, die aus den geistigen Möglichkeiten des Künstlers, nicht aber aus denen der Malerei entstanden sind. Ich setze dagegen die elementare Malerei. Für die elementare Malerei ist Bildfläche der Ort, an dem ein formales Geschehen stattfindet, das nicht subjektiv sondern artistisch gesteuert ist. Artistisch heißt, daß einmal Formverpflichtungen angenommen werden, Veranstaltungen, die miteinander Funktionen ausüben, zum zweiten, daß nicht das Absolute dabei das Ziel ist, sondern das Reale, nicht aber das Dingliche. [...]
Antwortbrief an die Deutsche Afrika-Gesellschaft e. V.
Deutsche Afrika-Gesellschaft e. V., Oskar Splett, an Nay. Bonn, 24.5.1967:
"[...] Wir haben den Eindruck gewonnen, daß von einer Kunstbetrachtung oder Kunstgeschichte in die andere die Behauptung abgeschrieben wird, daß die afrikanische Kunst und Kultur einen tiefgreifenden Einfluß auf die sog. moderne europäische Kunst ausgeübt hat. [...] Unsere Bitte, die Sie sicher u.U. in ziemlich kurzer Form erfüllen können, geht dahin, daß Sie schreiben möchten, ob für Sie persönlich in Ihrem Schaffen afrikanische Kunstwerke oder afrikanische Impressionen [...] irgendeine Rolle gespielt haben. [...]"
Aufzeichnung vom 8.6.1967
Das Formale einer Kunst, das Inhaltliche einer Kunst und der Verfasser dieser Kunst – einmal trifft dies zusammen.
Die Überschwemmung Westdeutschlands mit Antikunst und damit die Unoriginalität der Verfasser in unserem Lande, vor allem der jugendlichen Verfasser; beides zeigt, wie sehr diese Jugend unter dem Trauma der Deutschen leidet, also nicht zu eigener Aussage drängt. Zugleich zeigt sich – immer noch für viele unbewußt –, wie wenig vom Europäischen noch Bestand hat. [...]
Aufzeichnung vom 23.6.1967
Die Formmittel mit dem System der arithmetischen Farbsetzung, der Reihung, des Rhythmus, der Zahlenambivalenz, so scharf, das heißt elementar, herausarbeiten, daß diese Bildwirklichkeit dem Menschen von heute gleicht, nicht aber die universale Harmonie andeutet. [...]
Entwurf einer Rede zur Eröffnung der Ausstellung ›Nay‹
Galerie Günther Franke, München, 14. Juli – 21. August 1967
Ich möchte anläßlich dieser Ausstellung über zwei Fragen einige Gedanken äußern.
Einmal über die fortschreitende Arithmetisation als bildnerisches, also bildformendes Element. Zum Zweiten über die Andeutung, daß sich im Laufe dieser Arithmetisation ein bisher nicht vorhandenes Anschauungsbild des Menschen, das also nicht aus der Kombination alter und neuer Vorstellungen bestünde, herausstellen könnte. [...]
Aufzeichnung vom 7.7.1967
Die alte griechische und späterhin Renaissanceidee, die platonische Harmonisation des Universums und die Aristotelische, dann Euklidische Raumvorstellung, die in der Geometrie und Perspektive ihre Formulierung fand, gelten heute noch für die allermeisten Menschen – unbesehen, d.h. ein Nachdenken, ob diese Vorstellungen noch gültig seien oder nicht, gibt es nicht. Die Vorstellung vom Menschen ist ein für alle Mal geprägt durch den griechischen später sogar römischen Realismus, doch gab man der mythisierenden Alma-mater-Form der Etrusker eine Chance, sich dem europäischen Vorstellungsbild vom Menschen beizufügen. [...]
Aufzeichnung vom 12.7.1967
Matisse hat mit 80 Jahren den Drehpunkt von der absoluten Malerei zu neuen Möglichkeiten der Kunst in seinen papiers coupés aufgezeigt. Man kann nicht von Matisse, auch nicht von diesen papiers coupés ausgehen und weiterarbeiten. Aber die große Erfindung der absoluten Malerei, die in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts geschah, ist nicht umsonst identisch mit der Freiheit des modernen Menschen von und zu allem. [...]
Aufzeichnung vom 10.9.1967
Ein Mensch, von allen Seiten angegriffen, allein in allen Dingen des Geistes, der Kunst; Malen, Trinken, Cortison, die vollkommene Monomanie. Jeden Tag, jede Stunde angegriffen von der Umwelt, der engeren und weiteren. Wer keine Kontakte hat, schafft sie sich durch Konflikte. Diskussionen werden mit Verfemung oder Verhöhnung beendet – von den anderen. [...]