Jüngste Texte

1949

Aufzeichnung von 1949

Wenn man für die Bildhauerei den Stein oder das Holz als das notwendig sinngemäße Material ansieht, so ergibt sich für die Malerei als sinngemäßes Material nicht die Fläche, sondern die Wand, deren Dicke man spürbar machen muß, was mit der dreidimensionalen Gestaltung zu erreichen ist. Die Dreidimensionalität ist von der Annahme eines Gegenstandes abhängig, denn Dreidimensionalität heißt Körperlichkeit, und Körperlichkeit entsteht nicht aus dem Nichts, sondern aus etwas Vorhandenem, durch etwas Vorhandenes. [...]

um 1949

Aufzeichnung um 1949

Ich gehe vom Gegenstand aus, kehre aber nicht zu ihm zurück. Auf dem Wege von ihm fort, nicht zu ihm hin, löst sich seine innere Wirklichkeit für das Bild ab. Der Gegenstand – die einfache Wirklichkeit – zieht mir nicht Formen für das Bild ab, sondern ist Materie im Sinne des Bildes. Indem ich dieses Material als Hindernis verletze, löst es sein Numinoses aus.

14.1.1950

Aufzeichnung vom 14.1.1950

So scheint mir, daß auch noch andere Polaritätsstellungen hinfällig geworden sind, ja die ganze Einstellung, überhaupt solche Polaritäten zu denken. In der Neuzeit z.B. die Gegenüberstellung abstrakt, gegenständlich, konkret, oder gegenständlich und ungegenständlich. Nachdem die letzten Reste der Psychologie unwirksam geworden sind, heißt die Frage höchstens und ganz präzise: ›Bild‹ oder ›Nichtbild‹. [...]

11.2.1950

Aus einem Brief an Günther Franke

[...] Ganze große Völker lebten und leben ohne Transzendenz, die Chinesen z.B. Aber welch alberner Unfug, den 1920 schon herumgeisternden Zen-Buddhismus wieder auszugraben! – Subjektiv – und verwechselt man das Wort etwa meist nicht mit individuell? Ist reine, direkte Diesseitigkeit nur als Materialismus zu verstehen, oder ist das noch etwas anderes? Etwa wüste Sinnlichkeit? Alles unmöglicher Unsinn. Psychologie? [...]

5.4.1950

Manuskript eines Interviews des Nordwestdeutschen Rundfunks

Frage: Wie findet man als Betrachter Zugang zu einer Malerei, die entweder bewußt auf das Gegenständliche verzichtet oder aber es so umschmilzt, daß die – sagen wir: natürliche Form entstellt wird?

Die Malerei der Gegenwart basiert auf der Vorstellung von der Werkgerechtigkeit des Bildes. Das heißt: während in der Plastik das Material und der reale Raum, in dem der Mensch lebt, bereits als werkgerechte Grundlagen erkannt sind, besteht eine Werkgerechtigkeit des Bildes natürlich nicht im Material, sondern in der künstlerischen Gestaltung der Bildfläche, die imaginative Forderungen stellt. [...]

14.5.1950

Aus einem Brief an Alfred Hentzen

[...] Ich arbeite wieder viel, und es sieht mit den großen Leinwänden ganz heiter bei mir aus. Mit Vergnügen sehe ich, daß der weitere Schritt bereits sichtbar ist und lebhafteste Befreiung der Farbe bringt. Strahlende Bilder – ich Narr, aber ich fühle mich sehr wohl dabei [...]

1.11.1950

Aus einem Brief an Ruth Arndt

[...] Nie war ein Künstler etwas anderes als ein Mensch mit einer zerbrochenen Seele. Mir bleibt nichts anderes übrig; als diese furchtbare Tatsache, auf der allein Kunst zu entstehen pflegt, endlich und endgültig anzuerkennen. Das ist die Gefährdung, die allein Rettung in den Bildern finden kann, diesen Bildern, die das Leben verlassend, über einen dunklen Schacht springend, als selbsttätig geschaffene Tatsachen wieder Leben erzeugen müssen – aus sich selbst [...]

1.11.1950

Aus einem Brief an Erich Meyer

[...] Mein Leben ist etwas mühselig, daher geht mir alles etwas durcheinander. Nur immer wieder stelle ich das Eine fest, daß ich gute Bilder male, wenn ich’s schwer habe. Sichtlich meine Anlagen. Verrückterweise sollte ich mir also Unheil noch wünschen, denn was ist ein Maler anders als seine Bilder! [...]

22.2.1951

Aus einem Brief (Name des Adressaten unkenntlich gemacht)

[...] die Frage, ob ein Künstler gegenständlich, abstrakt oder ungegenständlich arbeitet ist eine Frage seiner Weltanschauung und nicht eine Frage der künstlerischen Gestaltung. Es ist – siehe Heideggers ›Ursprung des Kunstwerks‹ – Symptom der Zeit, daß es freisteht, unentschieden ist, ob der Künstler vom Gegenstand ausgeht, induktiv arbeitet, oder zum Gegenstand hingeht, deduktiv arbeitet. Entscheidend ist, daß er sich entscheidet und dabei jeweils von einem gestaltenden Grundprinzip ausgeht. [...]

Juli 1951

Beitrag zum Katalog der Ausstellung
›Deutscher Künstlerbund 1951 – Erste Ausstellung‹
Hochschule der bildenden Künste Berlin, 1. August - 1. Oktober 1951

Die Gegenwart zeigt die Tendenz, die Malerei zum Objekt der Psychologie zu machen. Die Körperhaftigkeit des Bildes wird damit verleugnet, infolgedessen das Gestaltbild schlechthin. Mir scheint, die Gegenwart schicke sich aber an, die dynamisch-rhythmische Bildgestalt zu entdecken, die sich im körperhaften Gestaltbild der aperspektiven Dreidimensionalität aussagt. Die wirkende Kraft dieses Bildes ist die Farbe als Gestaltwert. [...]