Jüngste Texte

3.10.1951

Aus einem Brief an Erich Meyer

[...] Über meine Malerei spreche ich immer weniger, das muß ja doch von selbst geschehen. Ich habe oft sichtlich zu vertrauensvoll davon gesprochen, Leuten gegenüber, die dies Vertrauen nicht verstanden. Aber Intrigen und Klatsch gehören zum Künstlerleben. Tiefe Geduld und Härte im Hinnehmen von Schwierigkeiten sind ja Voraussetzungen. Dazu diese Mischung von tiefer Unsicherheit, so daß jede neue Leinwand ein Abenteuer ist und Glaube an die innere Kraft. [...]

um 1951

Aufzeichnung um 1951

Wirklichkeit

Wirklichkeit ist ein Versuch, den der jeweils Lebende als sein Leben unternimmt. Der jeweils Lebende wird aus eigenem Lebenssinn diejenige Art von Wirklichkeit zu erlangen suchen, die seinem Lebenssinn entspricht. [...]

16.4.1952

Aus einem Brief an Ruth Arndt

[...] Ich hatte in letzter Zeit etwas viel mit Vorbereitungen für die Möller-Ausstellung[1] und andere Ausstellungen zu tun [...] Nun ist alles geschehen und die Malerei hat mich wieder. Ja, die Malerei, nur mit der Leinwand, der Fläche, der Farbe, der Form – oder wie Benn sagt, seit Nietzsche habe die Religion ihre Wirkung und Kraft an die Ästhetik abgegeben. [...]

23.4.1952

Aufzeichnung vom 23.4.1952

Cézanne ist 1906 gestorben, zu meinen Lebzeiten. Dann haben Matisse [und] die Kubisten die Fläche, die Cézanne wiedergewonnen hatte, verankert und dem allgemeinen Bewußtsein sichtbar gemacht. Alles an Fläche war für die Malerei geschehen, um der aufkommenden Ausdruckswelt das Gestaltmittel Malerei klar und gegründet zu überlassen. Mit größter Impulsivität trat die Ausdruckswelt in Erscheinung und schwemmte die Bildfläche fort. [...]

21.6.1952

Aus einem Brief an Will Grohmann

[...] Sie fragen einmal persönlich, einmal in der Zeitung, einmal über den geliebten unbekannten Äther eine tiefe Frage der Zeit. Schon aber las ich die Gegenfrage in einer Zeitung: Habt Ihr nun Angst, Lebensangst, oder nicht! – Kunstwerk als Inhärenz oder Prädikation, als Tatsache oder Aussage? Für meine Kunst und von mir aus, für mich, sage ich: Tatsache, lehne damit Aussage als Ziel, wenn Sie dies Wort vorsichtig nehmen, des Kunstwerks ab. [...]

1952

Aufsatz in der Zeitschrift
›Das Kunstwerk‹, 6. Jg., Heft 2, S. 4

Die Gestaltfarbe

Die Frage, ob die Farbe die Form bestimme oder die Form die Farbe, ist seit Delacroix und Ingres dahin beantwortet, daß es Künstler gibt, deren Bildgestalt aus der Farbe und andere, deren Bildgestalt aus der Struktur entwickelt ist. Zwei Arten des Bildes, die als gleichwertig anzusehen sind. Meine Anlage weist zur Farbe als Bildgestalt. Farbe ist also Form. [...]

um 1952

Aufzeichnung um 1952

Phantasie – Zustimmung zum Leben, stetige Wiederherstellung des Universums – der Vorstellung von der Welt.

um 1952

Aufzeichnung um 1952

Ein Mensch des siebten Jahrtausends vor Christus wird einen Baum genauso gesehen haben, wie wir ihn heute sehen. Mit Sicherheit aber hat er ein Tier zwar äußerlich genauso, geistig aber anders gesehen. Die Umwelt ist also zwar äußerlich im Prinzip immer die gleiche geblieben, und doch ist der Mensch in seiner geistigen Anlage zu einem Einbeziehen seiner Umwelt in eine geistige, eine religiöse Schau von Schicksal aufgerufen. [...]

11.3.1953

Aufzeichnung vom 11.3.1953

Ich hoffe, daß ich gegen Menschen, die bewußt intolerant sind, immer machtlos sein werde. Toleranz heißt nicht, andere Meinungen zu dulden, sondern zu wünschen, daß andere anderer Meinung sind. Darin vollzieht sich Leben, das Leben jener Welt, die die Freiheit des Menschen will. Ich glaube an diese Freiheit. Bilder zu malen, die Gestaltungen dieses freien Menschen sind, und dies in einer Zeit, in der totalitäre Mächte die Freiheit des Europäers bekämpfen.